Humboldt liest! Lesemarathon am 16.5.2013 im Grimm-Zentrum

Im Rahmen der Gedenkwoche der Humboldt-Universität zu Berlin aus Anlass der nationalsozialistischen Bücherverbrennungen vor 80 Jahren fand im Grimm-Zentrum ein 8,5-stündiger Lesemarathon statt, zu dem Studierende, Lehrende, Mitarbeiter und Alumni eingeladen waren, aus Büchern verfolgter Autorinnen und Autoren jeweils 15 Minuten lang vorzulesen.

 

Das_rote_Sofa.JPGEin Sofa für die Lesenden mit Mikrofon, einige Sessel und ein paar Sitzhocker sowie einige Wassergläser wurden im Foyer aufgebaut. Leselisten lagen aus und waren an einem Pfeiler vor dem Lesebereich angebracht. Um 9 Uhr begrüßte Herr Dr. Degkwitz, der Direktor der UB, die Anwesenden und die erste Lesung begann. Im kleinen Kreis wurde den konzentriert Lesenden zugehört, Bibliotheksbesucher nahmen das Arrangement wahr und blieben kurz stehen. Im Laufe des Vormittags nahmen sich mehr Besucher Zeit, die Liste durchzusehen, auf den Hockern am Fenster vor den Lautsprechern Platz zu nehmen und den Lesenden zuzuhören.

Der unaufgeregte Wechsel zwischen Studierenden, Lehrenden, Bibliotheksmitarbeitern, dem HU-Präsidenten und den teilnehmenden HU-Vize-Präsidenten sowie den zum Teil recht prominenten HU-Alumni vollzog sich dem Anlass gebührend. Die Lesenden waren vor allem dem Text verpflichtet und von dem Wunsch getragen, der Autorin oder dem Autor Raum zu geben. Einige Besucher wurden Fans und blieben mehrere Stunden bei der Veranstaltung, andere suchten sich bestimmte Beiträge oder auch bekannte Lesende aus, denen sie zuhören wollten.

Jeder Teilnehmende hatte seinen Text selbständig ausgewählt. Die Veranstalter hatten zwar Listen mit Vorschlägen verschickt, doch war die Auswahl der einzelnen sehr persönlich, was man den Vorträgen anmerken konnte. So ergab sich eine große thematische Vielfalt und eine Abwechslung zwischen bekannten Autoren und Texten, wie dem „älteren, aber leicht besoffenen Herrn“ von Erich Kästner. Aber auch bisher eher selten zum Vortrag gebrachte Texte wie Auszüge aus Einsteins Relativitätstheorie.

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Gedichte von Bertolt Brecht, Mascha Kaléko, Texte von Arthur Schnitzler, Klaus Mann u.v.a.m. gaben einen guten Eindruck von der Kreativität und der Freiheit des Geistes, die den Nationalsozialisten ein Dorn im Auge waren. Die „älteren Semester“ unter den HU-Alumni konnten die meiste Aufmerksamkeit auf den Lesemarathon lenken – das Foyer füllte sich, als Hermann Kant aus Alfred Kerrs „Tagebuch eines Berliners“ vorlas. Kurz vor Schluss konnte Wolf Biermann mit einem Text von Shalom Asch und einer Gesangszugabe die Zuhörer in den Bann ziehen und mit seinem Appell zur Erinnerung an die vielen weniger bekannten jüdischen Opfer des Holocaust den Sinn der Veranstaltung nochmals unterstreichen.

Wir danken allen Lesenden ganz herzlich für ihren Beitrag und den Zuhörern für ihr Interesse.