Die FaMI-Bande und die Reise nach Görlitz 2015

Ja, wir wollen es lieber gleich zugeben: Wenn man selbst im Grimm-Zentrum arbeitet (also in einer Bibliothek mit so und so vielen Millionen Bänden) und es wird ein Ausflug angekündigt in die Oberlausitzische Bibliothek der Wissenschaften (laut Homepage: 140.000 Bände) - dann hat man ein leichtes Lächeln im Gesicht.

Blick in die Fußgängerzone einer historischen Kleinstadt

Abbildung: Karin Freyer

Genau darum aber hatten wir wahrscheinlich das schlechte Wetter, mit dem wir von Görlitz - Heimstatt der Bibliothek - begrüßt wurden, als wir gegen 11 eintrafen, verdient. Der eigentlich geplante ausgiebigere Stadtrundgang musste darum ausfallen, wir versuchten dann ein bezahlbares Restaurant zu finden, in dem man die trüben Mittagsstunden verbringen konnte. Andere aber ließen sich nicht einschüchtern und zogen unverdrossen durch das sehr schöne Görlitz.

Doch liegt nicht der wahre Reichtum einer Bibliothek weniger in ihrer Ausstattung, ihrem Interieur, als in der Wahrheit zwischen den Deckeln ihrer Bücher? So kann man sagen, dass die Oberlausitzische Bibliothek der Wissenschaften wahrhaftig reich ist: Einmal durch die Bestände der Bibliothek der Oberlausitzischen Gesellschaft der Wissenschaften selbst - eine Bibliothek, zu Beginn des 19. Jahrhunderts aus Beständen zweier Görlitzer Privatgelehrter hervorgegangen. Zusätzlich auch durch die Bestände der Milichschen Stadt- und Gymnasialbibliothek, die neben anderem beeindruckende Makulatureinbände bereithielt - in einem Fall einen Druck aus dem 17. Jahrhundert, dessen Einband aus einer Handschrift aus dem 9. Jahrhundert gemacht war. (Laut unserer freundlichen und kompetenten Führerin sollen die Einbände tatsächlich z. T. gefragter sein als die Bücher selbst …) Diese Bibliothek wurde der Stadt Görlitz 1726 vom Schweidnitzer Bibliophilen Johann Gottlieb Milich vermacht.

Blick in den Freihandbestand einer Bibliothek mit historischen Bücherregalen

Abbildung: Karin Freyer

Zu diesem Zeitpunkt waren wir schon völlig begeistert, doch zeigte sich, dass die OLB mehr und immer mehr zu bieten hat: einen interessanten Freihandbestand zu Regionalgeschichte und historischen Hilfswissenschaften, eine Sammlung von Drucken des Mystikers Jacob Böhme (1575-1612), eine umfangreiche Sammlung von Werken des Schriftsteller Arno Schmidt (1914-1979) wie auch Artikel, die die Rezeption seines Werks dokumentieren … Dann wieder - denn es handelt sich und es war der Führerin wichtig dies zu betonen, bei der OLB eben auch um eine „normale“ öffentliche Bibliothek - wirbt am Eingang ein Plakat für den Auftritt eines Görlitzer Zauberers. Dies alles in einem wunderschön sanierten, verwinkelten Barockhaus, dass schon selbst eine Führung wert gewesen wäre.

Wir haben viel gesehen und gelernt - mehr als in einen solchen Text passen könnte. Darum geht von uns Azubis (und vermutlich würden sich unsere Ausbildungsleiterinnen dem ohne weiteres anschließen) die dringende Empfehlung aus, nach Görlitz zu fahren und sich einfach selbst ein Bild zu machen … Mit der Bahn von Königs Wusterhausen aus in zwei Stunden zu erreichen.

(Text: 2. Lehrjahr, 2015)